Der direkt gewählte Landrat Tobias Heilmann (SPD) wird sich im neuen Gifhorner Kreistag voraussichtlich nicht auf eine eigene, SPD-geführte Mehrheit stützen können. So sieht es nach den Parteigesprächen in dieser Woche aus.
Derweil fordert der CDU-Ehrenvorsitzende Helmut Kuhlmann wegen des „desaströsen Ergebnisses“ in der Kommunalwahl den Rücktritt des CDU-Kreischefs Andreas Kuers. Die Christdemokraten müssten wieder in Kontakt mit den Menschen kommen, forderte der 81-Jährige einen Kreisparteitag noch im November. Die auf 18 Mitglieder geschrumpfte CDU-Kreistagsfraktion wählte Telse Dirksmeyer-Vielhauer einstimmig als Vorsitzende wieder.
Die Grünen bilden eine Gruppe mit den einzelnen Abgeordneten Dieter Michel-Weinreich (Linke) und Jan-Phillip Meyer (Die Partei). Der BIG-Abgeordnete Andreas Kautzsch schloss eine feste Gruppenbildung auf Anfrage aus.
Die von der SPD angestrebte Ampel-Mehrheit scheitert an einer Entscheidung von FDP und Unabhängigen. Sie bilden eine Gruppe mit sechs Mandaten, sichern sich damit einen Sitz im Kreisausschuss, schließen aber nach den Worten von ULG-Chef Jürgen Völke eine Koalition sowohl mit der CDU als auch mit der SPD aus. „Wir wollen uns unseren eigenen Themen widmen“, sagte Völke nach den Erfahrungen mit der großen Koalition seit 2016.
Mit der SPD wäre es laut Völke „bei einigen Themen schwierig geworden, etwa bei deren Plänen für Rekommunalisierungen oder für eine bloße Schulden-GmbH für kommunalen Wohnungsbau“. Gleichwohl sei man für wechselnde Mehrheiten in Sachfragen offen. Völke: „Das kann ja auch Spaß machen.“ Dieser Formulierung bediente sich auch der SPD-Kreisvorsitzende Philipp Raulfs. „So funktioniert es im Braunschweiger Stadtrat seit Jahren. Man muss sich halt für seine Themen Partner suchen.“ Dennoch will Raulfs nun noch das Gespräch mit der frisch konstituierten CDU suchen. Mit zweimal je 18 Stimmen wäre diese Neuauflage der großen Koalition auf der sicheren Seite. Dem Kreistag gehören 58 Abgeordnete und der stimmberechtigte Landrat an. Mit der grünen Gruppe und dem Landrat kommt die SPD auf 29 Stimmen – die Mehrheitsschwelle ist 30.
CDU-Fraktionschefin Dirksmeyer-Vielhauer zeigte sich gesprächsbereit. In beiden Fraktionen gebe es viele neue Gesichter, die offen für eine Zusammenarbeit seien. Zudem sei die zuletzt vielfach als Belastung empfundene große Koalition gar nicht so schlecht gewesen: „Nur so haben beide Seiten die Chance, Ideen durchzubringen und mitzugestalten.“
Parteiintern steht die CDU offenbar vor einer Zäsur. Der Ehrenvorsitzende Kuhlmann begründete die Rücktrittsforderung an seinen Nach-Nachfolger Kuers mit Hilferufen aus der Partei und der „Sorge um unsere CDU“. Kuhlmann sah „Versagen auf Kreisebene: Ein Wahlkampf hat nicht stattgefunden.“ Die CDU habe in den Kommunen „alles verloren, was zu verlieren war“. Unabdingbar sei ein personeller Neuanfang als Voraussetzung für eine wirkliche inhaltliche Erneuerung, sagte Kuhlmann.