Nominierung der Kandidaten ist rein digital kaum möglich – Politiker rechnen mit Unmut von Vereinen
Gifhorn. Superwahljahr ausgerechnet in Corona-Zeiten: Die Pandemie stellt die Parteien bei ihrer Kandidatenfindung und -kür vor erhebliche Probleme. Digitale Formate stoßen vor allem an ihre Grenzen, wenn es um die Kandidaten für Gremien der Kommunen und des Landkreises geht. Auf Präsenz-Veranstaltungen werden sie nicht verzichten können, erklären Vertreter von sechs Parteien auf Kreisebene am Donnerstag in einem gemeinsamen Pressegespräch.
Im September wird es ernst: Dann wählen die Gifhorner den Bundestag, den Landrat, den Kreistag, Räte für Stadt oder Samtgemeinde und Gemeinde sowie hier und da auch noch Bürgermeisterin oder Bürgermeister. Dafür müssen die Parteien ihre Kandidaten finden und offiziell nominieren sowie über Landeslisten abstimmen. Rein digital über Zoom-Konferenzen und Co. wird das nicht klappen, sagen Andreas Kuers (CDU), Philipp Raulfs (SPD), Henrik Werner (Bündnis 90/Die Grünen), Jürgen Völke (ULG), Dr. Stefan Armbrecht (FDP) und Marion Köllner (Die Linke) in einer gemeinsamen Runde.
Kuers befürchtet bei Digital-Lösungen tagelange online-Debatten und Brief(wahl-)wechsel, wenn es um die Diskussion zum Beispiel über die Rangfolge in der Landesliste geht. Die Mitglieder hätten ein Recht auf Meinungsaustausch und Diskussion, doch der Austausch digital wäre Zeit raubend. Unter anderem Werner sieht Probleme, online alle teilhaben lassen zu können. Gerade im Nordkreis hätten Mitglieder nicht genug Internet-Bandbreite für eine Videokonferenz. „Wir haben gute Erfahrungen mit Zoom-Konferenzen gemacht“, sagt Köllner. Doch auch eine kleine Partei wie die Linke werde nicht um klassische Treffen herum kommen. Genauso sehen das Völke und Armbrecht.
Vereine sollen wegen Corona auf Treffen verzichten, aber die Politik hält große Versammlungen ab? Die Politiker sagen, sie rechneten fest mit entsprechenden Unmutsbekundungen und könnten diese auch nachvollziehen. Doch die demokratische Arbeit habe ihre Relevanz, und sie sähen keine andere Möglichkeit, als die Wahlen mit Präsenzversammlungen auch ab Ortsvereinsebene vorzubereiten.
„Wir haben nicht das Bestreben, Versammlungen auf Teufel komm raus zu machen“, sagt Kuers. Doch sie seien in diesem Fall unumgänglich. Um die Infektionsgefahren zu minimieren, stellten die Sechs verschiedene Ideen vor – von Schnelltests vor der Versammlung bis hin zum Versammlungsort.
Sollten die Infektionszahlen im Sommer niedrig sein, wollen sich die Grünen auf einer Streuobstwiese treffen, ansonsten konsequent doch auf digital setzen, so Werner. Die Nominierung von Hubertus Heil will die SPD open air in einem Stadion in Peine vornehmen, sagt Raulfs. Die CDU nutzt einen großen Raum in Isenbüttel mit genug Platz für die Nominierung von Ingrid Pahlmann, sagt Kuers.
Auch Armbrecht bringt Versammlungen unter freiem Himmel ins Gespräch. Völke sieht allerdings auch bei Präsenzveranstaltungen Schwierigkeiten: „Es stehen ganz wenige Häuser für Versammlungen zur Verfügung.“ Dennoch sei ein Treffen immer noch einfacher zu bewerkstelligen, als über Videokonferenz zu einem Ergebnis zu kommen.
AZ 12.03.2021